(ots) - Das Onlineportal einer großen Tageszeitung
schlagzeilt: »Stoppt diesen Mann!« Die Telefonnummer von Claus
Weselsky ist auf einer Titelseite gedruckt worden, ein Magazin
veröffentlicht Bilder vom Wohnhaus des GDL-Chefs - Überschrift: »So
versteckt lebt Deutschlands oberster Streikführer«. Was kommt als
nächstes? Die aggressiver werdende Stimmungsmache gegen den
Tarifkampf der Lokführer hat Züge angenommen, die jeden Rahmen
sprengen. Was durch Soziale Netzwerke als trübe Brühe aus Vorurteil
und gratismutiger Empörung schwappt, hat seine Köche in der Politik.
Die tut gern so, als ob sie unbeteiligt an dem Konflikt ist, der
zwischen einem Staatskonzern und einer Gewerkschaft ausgefochten
wird, in einer Zeit, in der die Regierung das Streikrecht
einschränken will. Unter dem DGB-Dach fällt vielen Funktionären nicht
viel mehr ein, als die Lokführer zu beschimpfen. Die Sozialdemokraten
appellieren an »Verantwortungsbewusstsein auf allen Seiten für unser
Land« - als ob man die klassenpolitischen Interessenkonflikte in
einer imaginierten Nation versenken könnte. Richtig ist: Die GDL
steht nicht unter politischem Naturschutz. Man kann deren Strategie
und ihren Vorsitzenden kritisieren. Immerhin geht es um Dinge, die
nicht bloß Lokführer interessieren dürfen: um ein Grundrecht, den
politischen Wert von Streiks und die öffentliche Meinung über
Klassenverhältnisse, Kompromiss und das Dilemma der Solidarität. Eine
Debatte darüber im Sinne aller Beschäftigten wird nicht möglich sein,
solange die mediale Hatz auf den GDL-Chef anhält.
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