(ots) - Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sagt
öffentlich, er habe den Thüringer Genossen davon abgeraten, als
Juniorpartner einen Ministerpräsidenten der Linken zu wählen. Aber
sie hörten nicht auf ihn. Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel rät
ihren Parteifreunden, zunächst keinen Gegenkandidaten für Bodo
Ramelow aufzustellen. In diesem Machtvakuum wurde Bodo Ramelow, was
er seit gestern ist: erster Ministerpräsident der Linken seit der
Wiedervereinigung. Diese Tatsache ist insofern ein wenig ulkig, weil
die CDU keine Wahlniederlage erlitten hat, sondern ihr
Koalitionspartner nach deutlicher Schwächung sich plötzlich
anderweitig orientierte. Sie ist auch insofern ulkig, als dieser
bisherige Koalitionspartner einen strategischen Schwenk vollzog, der
den Interessen der Bundespartei zuwider läuft. Fakt ist, dass die SPD
in Bayern und Sachsen marginalisiert, in Baden-Württemberg und
Thüringen zum Juniorpartner degradiert wurde. Darüber müssen sich die
Sozialdemokraten Gedanken machen, aber die Regierungen mit
SPD-Beteiligung nicht minder. Vor allem ist aber eine neue
Koalitionsfarbe entstanden, die es bislang noch nirgends gab. Sie ist
Ausdruck der extremen Veränderungen, denen die Parteienlandschaft -
und zwar je nach Bundesland höchst unterschiedlich - unterworfen ist.
Weder ist damit eine Bedrohung der demokratischen Grundordnung
verbunden, noch ist der Thüringer Fall ein Menetekel für den Bund. Er
ist aber ein unübersehbares Zeichen der Schwäche der Sozialdemokratie
und der Vergänglichkeit ehemaliger Wahlerfolge der CDU. Mit Ramelow
ersteht nicht Erich Honecker auf, sondern Ramelows Wahl zeigt die
Hilflosigkeit der Volksparteien, sofern man sie überhaupt noch als
solche bezeichnen kann.
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