(ots) - Es wird niemand bestreiten wollen: Die größten
Aufmärsche der rechten Pegida-Bewegung finden derzeit im Osten statt
- in Dresden. Vor allem dort manifestiert sich jene krude Mischung
aus Ausländerfeindlichkeit ohne Ausländer, gesellschaftlichen Ängsten
und Anti-Establishment. So wenig der kollektive antiaufklärerische
Ausbruch entschuldbar ist oder »Verständnis« erheischen darf, so
wenig wird man ihm allerdings mit einfachen Erklärungen beikommen.
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Hessens Ministerpräsident Bouffier geht es nicht einmal um
einfache Erklärungen. Wäre es anders, hätte man sogar über die Frage
diskutieren können, ob und wie stark sich längerfristige soziale
Prägungen oder die Erfahrung von DDR und der ihr folgende
gesellschaftliche Umbruch - neben anderen Einflüssen - womöglich nun
auf Dresdens Straßen Ausdruck verschaffen.
Bouffier aber geht es nur um zweierlei: Ersten war offenbar mal
wieder ein Unionspolitiker an der Reihe, auf den ausgetretenen Pfaden
der pauschalen Indienstnahme der DDR für eine möglichst steile und
diffamierende Behauptung zu wandeln. Mal tauchte der Ostdeutsche als
universeller Gesamt-Frustrierter auf, der leider bei Wahlen
mitbestimmen darf; mal hatte ihn die DDR zu einem Ausbund an
»Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft« gemacht; mal wurde die
angeblich realsozialismusgetriebene »Stillosigkeit« der Ossis
verlacht.
Vor allem aber will Bouffier davon ablenken, dass gerade Politiker
wie er die Stichwortgeber von Pegida und Co. waren. Ob persönlich mit
dem Ruf nach der von der CSU erdachten »Ausländermaut«, mit der
Forderung nach »erhöhter Wachsamkeit und hartem Durchgreifen« gegen
angeblich besonders kriminelle Nicht-Deutsche oder der schroffen
Zurückweisung eines kommunalen Wahlrechts auch für Ausländer, das für
Bouffier dann zu einem »minderen Ranges« absinken würde. Ob als
Vertreter der Hessen-CDU, die gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
ebenso zu Felde zog, wie sie Leute in ihren Reihen duldete, die
Homosexualität für »therapierbar« hielten oder das politische Ja zu
einem EU-Beitritt der Türkei als »Hochverrat« diffamierten.
Ressentiments gegen Muslime, Schwule, Flüchtlinge oder politische
Gegner - das ist die politische Hinterlassenschaft auch eines Volker
Bouffier.
Wer möchte, dass nicht noch mehr Menschen dieses Erbe als
Aufforderung zur Demonstration gegen Flüchtlinge verstehen, gegen
eine offene Gesellschaft, gegen alles was nach Institution und
Politik klingt, sollte sich ernsthaft mit den Gründen für die
rassistische Welle in Deutschland befassen. Die Offenlegung der
geistigen Miturheberschaft gehört dazu.
Im Ãœbrigen wird wohl genauso niemand bestreiten wollen: Die
größten Protestdemonstrationen gegen die rechte Pegida-Bewegung haben
bisher im Osten stattgefunden. In Dresden.
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