(ots) - Neu ist das Phänomen Landflucht nicht. Es
beschäftigt die Politik seit Jahren. Dennoch ist es nicht gelungen,
die besorgniserregenden Auflösungstendenzen in vielen ländlichen
Gemeinden wenigstens zu bremsen. Umso beschämender sind nun die
Ergebnisse der neuen Studie des Berlin-Instituts. Einerseits zeigt
die Untersuchung, dass es genug Bürgermeister, Behörden, Ärzte,
engagierte Bürger, Vereine, Unternehmen und Organisationen gibt, die
Ideen entwickeln, um das Leben im ländlichen Raum attraktiver zu
machen. Andererseits wird deutlich, dass sie allzu oft an unnötigen
bürokratischen Hemmnissen scheitern. Beispiele gefällig? Eine
Erzieherin aus der Uckermark gründet eine private Übernachtungskita
für die Kinder von Schichtarbeitern, doch das Jugendamt gewährt trotz
großer Nachfrage in der Industriestadt Schwedt keine Unterstützung.
Begründung: Es gebe genügend Einrichtungen mit "Regelangebot", also
mit Betreuung tagsüber. Eine lokale Aktionsgruppe will in einem
Brandenburger Dörflein wegen fehlender Verkehrsanbindung einen
Bürgerbus betreiben. Doch das ÖPNV-Monopol liegt in den Händen der
kreiseigenen Verkehrsgesellschaft, die Konkurrenz fürchtet. Fälle wie
diese sind ein Beleg dafür, wie ungeeignet viele verkrustete Normen
und Vorschriften für Regionen sind, die sich dringend erneuern
müssen. Die deutsche Bürokratie erweist sich beim demografischen
Wandel einmal mehr als Ideenbremse. Ohne den Mut, Neues
auszuprobieren und notfalls auch Grenzen unsinniger Gesetze großzügig
auszulegen, lassen sich innovative Konzepte gegen die Landflucht
nicht verwirklichen. In einigen Bundesländern hat man das begriffen.
Mecklenburg-Vorpommern etwa versucht, mit einem
Standarderprobungsgesetz mehr Flexibilität zu schaffen. Andere
sollten dem Beispiel zügig folgen, damit pfiffige Bürger den Freiraum
bekommen, den sie brauchen.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion(at)Weser-Kurier.de