(ots) - Nein, es wäre wirklich zu billig, jetzt Spott und
Häme über die AfD auszugießen, bloß weil einem deren Richtung nicht
passt. Die Truppe des Professor Lucke tummelt sich zwar eindeutig am
rechten Rand, aber gerade noch innerhalb des demokratischen
Spektrums. Gerade dies macht ja ihren flächendeckenden politischen
Erfolg aus. Das unterscheidet sie von den Rechtsextremen, die
glücklicherweise nur punktuell eine kleine Rolle spielen. Das Chaos,
dass nun schon im Vorfeld des Bremer AfD-Bundesparteitages droht, hat
wenig bis nichts mit der politischen Färbung zu tun, aber eine ganze
Menge mit dem überraschenden Erfolg dieser Partei. Partei? Das ist
sie ja eigentlich noch gar so richtig, zumindest nicht im Vergleich
zu den etablierten politischen Kräften in Deutschland. Ein Programm
und eine Bundessatzung wird sie sich in Bremen erst geben. Delegierte
aus den Landesverbänden gibt es nicht, grundsätzlich ist jedes
Mitglied stimmberechtigt. Dafür hat manches schon CDU-Dimensionen:
die Teilnehmerzahl oder der Katalog der Anträge, 239 Seiten stark!
CDU-Parteitage aber sind exakt choreographierte Events einer gut
geölten Machtmaschine, die nach monatelanger Vorbereitung in riesigen
Messehallen zelebriert werden. Da darf man als Newcomer schon einmal
überfordert sein. Die AfD ist noch im Wortsinn so "alternativ", wie
es die Grünen in ihren Gründerjahren waren. Wer sich an deren frühe
Parteitage erinnert, weiß, wie lange und schwierig die Geburt einer
Partei sein kann. Und wer die Konvente einst der ebenfalls
erstaunlich erfolgreichen Piraten besucht hat, weiß, dass das dort
herrschende basis-demokratische Chaos auch zu einer Totgeburt führen
kann. Bei der AfD kommt erschwerend hinzu, dass der Protest gegen sie
auch militant werden kann. Das mussten Grüne und Piraten nie
befürchten. Dies ist natürlich auch eine Bürde für Bremen. Aber die
Stadt sollte, nein sie muss ein guter Gastgeber sein, der für die
Sicherheit seiner Gäste alles tut. Nicht aus Sympathie, sondern aus
Ãœberzeugung: Parteitage sind Akte der politischen Willensbildung, und
die genießen in einer Demokratie besonderen Schutz. Wie es bei der
AfD ausgeht, kann noch niemand sagen. Scheitert sie an ihren inneren
Widersprüchen, erfriert sie unter einen zu dünnen Decke wirklich
qualifizierten Personals? Dann ginge sie bald den Weg aller Vorgänger
rechtsaußen: Schönhubers Republikaner, Schills rechtsstaatliche
Offensive... Erst einmal ist Bremen aber der Ort eines hochspannenden
politischen Ereignisses und damit in aller Munde, auf allen Schirmen.
Es sollte sich nicht blamieren.
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