(ots) - Natürlich ist nun viel von Respekt die Rede, von
Konsequenz und alter Schule. Jedoch ist Jens Böhrnsens Rückzug vom
Amt des Bremer Regierungschefs wohl weniger Ergebnis einer
moralgetriebenen Selbstbefragung als das einer nüchternen
Güterabwägung. Der seit zehn Jahren regierende Bremer Senatschef
stand von Beginn seiner Amtszeit an für die rot-grüne Option, auch,
als eine Große Koalition mit der CDU noch vielen als die
naheliegendere, weil hanseatisch berechenbarere Variante erschien.
Insofern ist Böhrnsens Entscheidung ein erstes Indiz für ernste
Zweifel an einer bloßen Fortsetzung der bisherigen Koalition. An den
Bedingungen, unter denen Rot-Grün in dem sozial gespaltenen
Stadtstaat zu bestehen hat, dürfte sich auch in den nächsten vier
Jahren nichts Grundsätzliches ändern. Die im Konsens beider
Bundesparteien selbst verordnete Schuldenbremse macht jede Hoffnung
auf reale Verbesserungen durch öffentliche Investitionen zunichte. Es
mag durchaus für den Charakter des scheidenden Senatschefs sprechen,
dass er die eigenen Möglichkeiten für den notwendigen Kurswechsel
realistisch einschätzt und seine Partei nicht aufhalten will. Die SPD
muss über Alternativen jedoch nicht wegen personeller
Unzulänglichkeiten nachdenken, sondern wegen verlorener
Glaubwürdigkeit in den abgehängten Teilen der Gesellschaft. Das ist
auch ein guter Grund für die LINKE, den Versuchungen einer
Machtbeteiligung zu widerstehen. Diese hätte nur Sinn, wenn sich
Erwartungen der Wähler messbar erfüllen ließen.
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