(ots) - Nach Ansicht von Strafrechtlern steht die Deutsche
Bank nicht nur im Fall Jürgen Fitschen unter dem Verdacht des
Prozessbetrugs, sondern, unabhängig davon, in einer Vielzahl weiterer
Fälle. So sprechen der Strafrechtler Gerhard Strate und der ehemalige
Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner im Interview mit dem
ARD-Politikmagazin "Report Mainz" übereinstimmend davon, es bestehe
der starke Verdacht "eines systematischen auf versuchten
Prozessbetrug angelegten" Vorgehens der Deutschen Bank.
Hintergrund sind Hunderte von Zivilverfahren, in denen die
Deutsche Bank zu Ungunsten von Kleinanlegern die Unwahrheit gesagt
haben soll. In diesen Zivilprozessen streiten Deutsche Bank und
Kleinanleger schon seit Jahren miteinander. Es geht bei diesen
Streitigkeiten um sogenannte "Schrottimmobilien". Diese Wohnungen
sollten als Altersvorsorge dienen, erwiesen sich aber später als
völlig überteuert. Die Deutsche Bank hatte diese Immobilienkäufe
massenweise finanziert, wies aber später jede Verantwortung für das
dahinter steckende Betrugssystem von sich.
In einigen dieser Prozesse war zu Tage gekommen, dass die Bank
damals Kredite ausgezahlt hatte, ohne dass ihr überhaupt alle
Unterschriften und Unterlagen der Kunden vorlagen. Das hätte nach
Ansicht des Geschädigten-Anwalts Reiner Fuellmich dazu führen müssen,
dass die Anleger die Prozesse hätten gewinnen müssen: "Wenn ich Geld
auszahle und einen Vertrag schließe, ohne dass die Formalien für
einen Vertragsschluss erfüllt sind, dann sind die Verträge alle
unwirksam."
Viele Anleger haben die Prozesse dennoch verloren, weil die Bank
vor Gericht vorgebracht hatte, es habe sich gar nicht um die
Auszahlung eines Kredites gehandelt, sondern nur um eine freiwillige
"Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung" auf die Kredite. Die
eigentlichen Kredite seien erst später zu Stande gekommen.
Nach Ansicht des Strafrechtlers Gerhard Strate ist diese
"Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung" im Bankgeschäft aber
völlig unbekannt. "Das finden Sie in keinem Handbuch der Bankpraxis
oder des Bankrechts."
Tatsächlich haben in jüngster Zeit immer mehr Gerichte gegen die
Bank entschieden, auch weil sie die Darstellung der Bank, es habe
sich um eine "Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung"
gehandelt, nicht glauben.
Die Argumente des Zeugen der Deutschen Bank, so beispielsweise das
Oberlandesgericht Hamm, sind "unglaubwürdig", "nicht plausibel" und
"nicht nachvollziehbar". Das OLG Düsseldorf urteilt: Der Sachvortrag
der Deutschen Bank ist "unzutreffend" und voll von "Ungereimtheiten"
und "Widersprüchen". In einem Urteil des Landgerichts Wiesbaden heißt
es schließlich, die Bank habe entweder nicht mal ihre eigenen, von
ihr eingereichten, Unterlagen gelesen oder aber "bewusst
wahrheitswidrig vorgetragen", um "das Gericht zu täuschen."
Für den Strafrechtler Gerhard Strate ergeben die Fülle dieser
Urteile ein eindeutiges Bild: "Die Häufung dieser weitgehend
übereinstimmenden Urteile höchstrichterlicher Oberlandesgerichte, in
denen der Deutschen Bank bescheinigt wird, dass ihr Vortrag auch
nicht im Ansatz einleuchtet", so Strate gegenüber "Report Mainz",
"das lässt schon darauf schließen, dass hier zumindest der starke
Verdacht eines systematischen auf versuchten Prozessbetrug angelegten
Vortrages zu konstatieren ist."
Für den ehemaligen Oberstaatsanwalt und Richter Wolfgang
Schaupensteiner lassen die Urteile nur einen Schluss zu: "Wenn man
die zahlreichen Urteile liest, dann kann man nur zu einem Schluss
kommen, es handelt sich hier um systematischen Prozessbetrug,
zumindest um den dringenden Verdacht des systematischen
Prozessbetruges", sagte der Rechtsanwalt, "und das auch noch zum
Nachteil von Hunderten von kleinen Leuten. Solcher Prozessbetrug ist
schlichtweg eine Straftat."
Der Anwalt der Geschädigten erhebt deswegen im ARD-Magazin "Report
Mainz" schwere Vorwürfe: "Der Hauptvorwurf ist derjenige, dass die
Bank in den zivilen Rechtsstreiten, die wir wegen
Schrott-Immobilienfinanzierung führen, lügt - nach wie vor", so
Reiner Fuellmich, der Hunderte von Schrottimmobilien-Geschädigte
vertritt.
Ein Interview mit Jürgen Fitschen hat die Deutsche Bank abgelehnt.
In einer schriftlichen Stellungnahme weist sie den Vorwurf des
Prozessbetrugs "entschieden zurück". Die Bank trage vor Gericht so
vor, wie es sich aus den Akten ergibt. Fitschen selbst steht wegen
des Verdachts des Prozessbetruges in der Kirch-Affäre zurzeit in
München vor Gericht.
Der heutige Bank-Co-Chef Fitschen hatte bei seinem Amtsantritt
versprochen, einen Kultur- und Wertewandel einzuleiten. Vor diesem
Hintergrund forderte der Grünen-Politiker Jürgen Trittin die Deutsche
Bank im Interview mit dem ARD-Magazin "Report Mainz" dazu auf, die
Prozesse zu beenden und auf die Geschädigten zuzugehen: "Ich finde,
dass die Deutsche Bank aufhören sollte, in dieser Frage zu mauern.
Das heißt, die Fakten auf den Tisch und zu einem vernünftigen
Ausgleich mit Menschen zu kommen, die ihr gesamtes Vermögen diesen
kriminellen Machenschaften opfern mussten."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.