(ots) - In der Affäre um das Standardgewehr der Bundeswehr
G36 werden neue Vorwürfe bekannt. In einer anonymen Anzeige von 2011
wird dem baden-württembergischen Hersteller Heckler & Koch
vorgeworfen, er soll Mängel am G36 gekannt und diese durch gezielte
Manipulationen verschleiert haben. Der Text der Anzeige liegt dem ARD
Politikmagazin "Report Mainz" im Wortlaut vor. Ãœber den Inhalt der
detaillierten Anzeige wurde am 25. Januar 2011 Rüdiger Wolf
informiert, damals Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium
unter Thomas de Mazière (CDU). Die Staatsanwaltschaft Rottweil
ermittelte wegen Verdacht auf Betrug gegen Verantwortliche bei
Heckler & Koch. Der Anzeigenerstatter beschuldigt den damaligen
Geschäftsführer: "Bei der Abnahme des G36 durch die Bundeswehr im
Hause H&K hat die Abteilung Qualitätssicherung die Mängel wissentlich
überspielt und damit die Bundeswehr bewusst getäuscht. (... ) Damit
hat man die Treffgenauigkeit nur vorgetäuscht. (...)" Heckler & Koch
habe damit Regressforderungen vermeiden wollen.
Auf Anfrage an Heckler & Koch schreiben die Anwälte des
Unternehmens, es sei "keinerlei Anzeichen für eine Manipulation durch
Heckler & Koch erkennbar". Weiter teilt die Kanzlei mit: "Bis heute
gelten die festgeschriebenen Technischen Lieferbedingungen (TL) des
Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der
Bundeswehr (BAAINBw); diese werden von Heckler & Koch vollumfänglich
erfüllt."
Die Staatsanwaltschaft Rottweil stellte das Ermittlungsverfahren
am 1. August 2011 wegen Verjährung ein. Das Referat "Ermittlungen
Sonderfälle" im Bundesverteidigungsministerium hatte der
Rüstungsabteilung am 11. August 2011 "eine Überprüfung der Waffen auf
die angeblichen Mängel anheim gestellt". Das geht aus einem Bericht
an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor, der
"Report Mainz" vorliegt. Dem Bericht zufolge prüfte darauf die
Fachaufsicht Rü V4 im Ministerium die Vorwürfe und meldete bereits am
19. August 2011, die Bundeswehr habe "keine Veranlassung, Mängel bzw.
Abweichungen von den vertraglichen Vereinbarungen zu behandeln oder
Gewährleistung anzumelden. Weiterer Handlungsbedarf zur Überprüfung
des Sturmgewehrs G36 bestehe nicht."
Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka
Brugger, sagte dazu in "Report Mainz": "In dem Moment, wo Frau von
der Leyen selbst einräumt, dass es gravierende Mängel beim G36 gibt,
erhält diese anonyme Anzeige natürlich nochmal eine ganz andere
Bedeutung: Frau von der Leyen sollte jetzt selbst Anzeige erstatten,
damit hier wirklich auch aufgeklärt wird, ob es strafrechtlich
relevantes Handeln gab, wer dafür die Verantwortlichen sind und wer
dafür auch zur Rechenschaft zu ziehen ist."
Jan van Aken, der Berichterstatter zum Thema "G36" in der Fraktion
"Die Linke" wirft dem damaligen Verteidigungsminister Thomas de
Maizière (CDU) vor, dass er das G36 nach der anonymen Anzeige nicht
weiter testen ließ und betonte in "Report Mainz": "Ich finde
eigentlich, dass Herr de Mazière zurücktreten müsste. Er hat schon
beim Eurohawk-Skandal gelogen. Er hat beim BND-Skandal ganz viel
falsch gemacht. Aber wenn ich jetzt die ganzen Dokumente zum G36
sehe, was er jahrelang nicht gemacht hat, Probleme ignoriert hat und
ausgesessen hat, dann finde ich, ist er nicht geeignet Minister zu
sein. Er sollte sich einen Job suchen, den er besser kann."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.