(ots) - Der ehemalige Präsident des
Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier rechnet damit, dass die
vom Bundeskabinett vergangene Woche beschlossene
Erbschaftssteuerreform erneut vom Bundesverfassungsgericht überprüft
werden wird. Gegenüber dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz"
kritisiert er die Gestaltungsmöglichkeiten, die das Gesetz bietet.
Wörtlich bezeichnet Papier den Gesetzentwurf als "gesetzestechnisches
und bürokratisches Monstrum".
Hintergrund der Kritik ist vor allem die Einbeziehung von
Privatvermögen bei Firmenerben. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass
ab einer Vererbungsgrenze von 52 Millionen Euro bei Erben typischer
Familienunternehmen mit einer sogenannten Bedürfnisprüfung
kontrolliert wird, ob sie mit der Hälfte ihres Privatvermögens die
Erbschaftssteuer begleichen können.
Wolfgang Wiegard, Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied im
wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums, kritisiert
diese Regelung gegenüber "Report Mainz": "Wenn sie es einigermaßen
geschickt anstellen, kann es im Extremen gelingen, das steht sogar im
Entwurf so explizit drinnen, dass überhaupt keine
Erbschaftssteuerlast anfällt. Das ist pervers." Er warnt davor, dass
sich Firmenerben "arm rechnen", indem sie Privatvermögen auf
Familienangehörige übertragen und so der Besteuerung entgehen.
Diese Gestaltungstricks kritisiert auch Werner Bahlsen,
geschäftsführender Gesellschafter von Bahlsen GmbH & Co. KG: "Die
Einbeziehung des Privatvermögens, die ich für nicht
verfassungskonform halte, bietet unglaubliche Möglichkeiten der
Gestaltung und wenn sie wollen auch der Manipulation. Und wir sollten
vom Staat erwarten, dass er klare Regeln macht, die natürlich
irgendwie gerecht sind." Auf Anfrage von "Report Mainz" bestreitet
das Finanzministerium solche Gestaltungsmöglichkeiten. Es seien
derzeit keine Gestaltungsmöglichkeiten bekannt, welche dem Sinn und
Zweck der Regelungen im Regierungsentwurf entgegenstehen.
Unternehmerverbände kritisieren seit Monaten die geplante Reform
der Erbschaftssteuer und warnen vor Arbeitsplatzverlusten. In "Report
Mainz" warnen Verbandsvertreter vor einer "Bedrohung des deutschen
Mittelstands" und einer "Verkaufswelle" von Unternehmen. Eine
Auswertung des statistischen Bundesamts im Auftrag von "Report Mainz"
hat dagegen ergeben, dass in den vergangenen Jahren deutlich weniger
als ein Prozent der vererbten Betriebsvermögen den für typische
Familienunternehmen gültigen Grenzwert von 52 Millionen Euro
überhaupt erreicht haben. Im Jahr 2010 waren es beispielsweise nur
0,1 Prozent (zwölf Fälle), 2013 nur 0,5 Prozent (63 Fälle). Johanna
Hey, Professorin für Steuerrecht an der Universität Köln, bestätigt:
"Es wird eine verschwindend geringe Anzahl betreffen. Das heißt, dass
man eigentlich sagen kann, Unternehmen bleiben nach wie vor mehr oder
weniger komplett verschont."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.