(ots) - Es war ein Glück für »Netzpolitik«, dass
Geheimdienst und Bundesanwalt die größte Kanone auffuhren. Denn wäre
der Aufschrei ebenso laut gewesen, wenn man den Bogen nicht so
überspannt hätte? Wenn es nicht gleich um »Landesverrat«, sondern um
»Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnissen« oder »Verletzung
des Urheberrechts« gegangen wäre? Beides wurde jüngst gegen Medien in
Anschlag gebracht. Letzteres von der Regierung nach Veröffentlichung
von Afghanistan-Interna. Wenn nun aus der Causa gelernt werden soll,
muss nicht nur aufgeklärt werden, wer wann was wusste und tat. Nötig
ist ein besserer Schutz von Journalisten nicht nur vor dem
Sturmgeschütz, sondern auch vor kleineren Kalibern. Abgesichert
werden müssen Hinweisgeber in Unternehmen und Behörden. Im Rahmen der
G-20 hat Berlin das vor Jahren zugesichert, doch geschehen ist nichts
- obwohl detaillierte Entwürfe vorliegen. Im »Netzpolitik«-Fall hätte
aber auch das nicht geholfen. Schützen lassen sich Hinweisgeber, die
Illegales enthüllen - für die Quelle jenes bloß politisch
kontroversen Geheimpapiers zur Internetüberwachung, nach der weiter
gefahndet wird, gilt das nicht. In solchen Fällen wird sich der Bogen
kaum per Gesetz entspannen lassen. Nötig wäre eine Behördenkultur,
die dem Staatsvolk als Souverän weniger Misstrauen entgegenbringt und
im Zweifelsfall den »Geheim«-Stempel schont. Doch derzeit scheint
eine solche kaum in Sicht.
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