(ots) - Wer heute durch Berlin flaniert, kann den Verlauf
der Mauer nur noch anhand von Pflastersteinen nachempfinden. Wer
hinter Helmstedt auf der Autobahn A 2 die frühere innerdeutsche
Grenze passiert, muss genau hinsehen, um sie noch wahrzunehmen. An
der Stelle von Todesstreifen und Selbstschussanlagen gibt es längst
einen Radweg, auf dem die deutsche Teilung als Freizeiterlebnis
"erfahren" werden kann. Für Menschen, die heute um die 50 sind, ist
das auch nach 25 Jahren deutscher Einheit noch immer ein
unglaubliches Gefühl. Für unsere Kinder hingegen Normalität. Sie
kennen es nicht anders. Äußerlich also sind viele Wunden verheilt.
Rund zwei Billionen Euro flossen seit 1990, um Städte und Straßen
in den neuen Ländern zu erneuern. Noch heute zahlen die Bundesbürger
den "Soli", der gigantische Investitionsprojekte möglich machte. Noch
immer aber besteht nicht nur in der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit ein großer Unterschied zwischen alten und neuen
Bundesländern. Die alte Grenze ist nach wie vor spürbar. Forscher
schätzen, dass erst die nächste Generation die Teilung vollständig
überwindet. Man könnte es Integration nennen. Sie braucht viel Zeit,
selbst mit gemeinsamer Sprache. Migration und Integration ist das
große deutsche Thema in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vor der
deutschen Einheit lag am Ende des Zweiten Weltkriegs die deutsche
Teilung. Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen strömten aus
Ostpreußen und Schlesien in den Westen. Viele kamen nach Südwestfalen
und fanden eine neue Heimat. In den vergangenen Jahrzehnten zog es
viele Deutschstämmige aus den osteuropäischen Ländern hierher. Die
bindende Kraft unserer Gesellschaft ist groß.
Nun sind es Hunderttausende aus sich auflösenden Ländern wie
Syrien, die im Kampf ums Ãœberleben Asyl beantragen. Die
Herausforderung ist immens, aber nicht neu. Für alle Menschen, die in
Deutschland leben möchten, gilt das Grundgesetz: Es gewährt Freiraum
und überträgt gleichzeitig Verantwortung. Unabhängig von jeder
Religion sind Männer und Frauen gleichberechtigt, verurteilen wir
Gewalt, gilt Presse- und Meinungsfreiheit, darf und soll jeder
individuell sein Lebensglück suchen. Diese Werte sind mehr als eine
gute Basis für die nächsten 25 Jahre deutscher Einheit - sie sind
ihre Voraussetzung. Wir sollten sie vorleben und gemeinsam auf sie
achten.
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