(ots) - Nach Ansicht von Hans-Werner Sinn, Präsident des
Münchner ifo-Instituts, ist die Flüchtlingskrise nur durch radikale
Sozialreformen in Deutschland zu bewältigen. "Wir sollten den
Flüchtlingsstrom zum Anlass für eine neue Agenda 2010 nehmen", sagt
Sinn im Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT. Konkret fordert er,
den Mindestlohn abzuschaffen, weil nur so genug Jobs für die
Flüchtlinge entstünden, die zu einem großen Teil nur über eine
niedrige Qualifikation verfügten.
Das Argument, dass sich damit die Stimmung in der Bevölkerung
gegen die Flüchtlinge richte, weist er zurück. "Mehr Geschäftsmodelle
für Geringqualifizierte werden erst dann rentabel, wenn der Lohn für
einfache Arbeit fällt." Sinn weiter: "Wenn die Zuwandernden keine
Stellen kriegen, werden sie nicht integriert, und dann werden wir
erhebliche Spannungen in der Gesellschaft bekommen. Dann kippt die
Stimmung erst recht", so Sinn.
Aus seiner Sicht müssen die Deutschen zudem länger arbeiten, um
die Kosten der Integration der Flüchtlinge stemmen zu können. "Wir
sollten lieber das Rentenalter heraufsetzen, um die Flüchtlinge zu
ernähren. Die Alten werden im Übrigen gebraucht, um die Flüchtlinge
anzulernen." Wegen ihrer überwiegend niedrigen Qualifikation würden
die Migranten die Rentenkassen vorerst nicht ausreichend entlasten.
Nach Einschätzung von Sinn wird durch die Zuwanderung Druck auf
die Löhne in Deutschland ausgeübt, wodurch die sozialen Unterschiede
zunähmen. "Wenn Geringqualifizierte zuwandern, wird die
Einkommensverteilung ungleicher. Das ist immer so. Und es wird immer
teurer, das durch den Sozialstaat auszugleichen. Insofern drohen uns
amerikanische Verhältnisse."
Sinn spricht sich deshalb dafür aus, den Flüchtlingsstrom zu
begrenzen. Die Staaten Europas müssten "die gemeinsame Außengrenze
sichern - und wenn das nicht passiert, eben doch die eigenen Grenzen.
Eine Welt ohne Grenzen, in der sich jeder nimmt, was er gern hätte,
kann nicht funktionieren. Das ist eine Wildwestgesellschaft mit
allem, was dazugehört."
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