(ots) - Zweieinhalb Jahre nach der Verwandtenaffäre
deckt das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" erneut fragwürdige
Abrechnungen eines bayerischen Landtagsabgeordneten auf (Sendung
heute, 3.11., 21.45 Uhr im Ersten). Gegenüber "Report Mainz" erheben
Insider aus dem Abgeordnetenbüro des Landtagsabgeordneten Günther
Felbinger (Freie Wähler) schwere Vorwürfe. Sie berichten, der
Abgeordnete habe über Jahre hinweg Mittel aus dem Mitarbeiterbudget
mit Scheinverträgen zweckentfremdet, um das Geld in die eigene Tasche
zu stecken. Außerdem habe der Abgeordnete Mitarbeiter für private
Zwecke sowie für Parteiarbeit eingesetzt. "Report Mainz" liegen neben
den mündlichen Aussagen der Insider zudem umfangreiche interne
Dokumente vor.
Auf Anfrage hatte Felbinger im Interview mit "Report Mainz"
vergangene Woche zunächst erklärt, seine Mitarbeiter hätten stets für
sein Mandat gearbeitet. Auf die Frage, ob er Scheinverträge
abgeschlossen habe, um Zweckwidriges über das Mitarbeiterbudget
abzurechnen, hatte er erklärt: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ganz
klar." Am heutigen Dienstagvormittag hat er offenbar Selbstanzeige
beim Landtagsamt gegenüber der Landtagspräsidentin und bei der
Staatsanwaltschaft Würzburg wegen nicht rechtmäßig abgerechneter
Mitarbeitergelder erstattet. Das geht aus einem Schreiben Felbingers
an den Bezirksvorstand der Freien Wähler Unterfranken hervor. Den
entstandenen Schaden, schreibt er, habe er bereits am gestrigen
Montag der Staatskasse zurücküberwiesen. Nach Informationen von
"Report Mainz" soll es sich dabei um einen Betrag von rund 60.000
Euro handeln. Felbinger erklärte zudem, er trete mit sofortiger
Wirkung vom Bezirksvorsitz des Bezirksverbandes Freie Wähler
Unterfranken zurück, "um Schaden von den Freien Wählern
fernzuhalten".
Der Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim erklärte zu
den Recherchen von "Report Mainz": "Die Beweislage ist in diesem Fall
geradezu erdrückend, sowohl schriftlich als auch mündlich. Es ist ein
Glücksfall, dass hier ein Insider auspackt und dadurch deutlich wird,
dass hier verdeckte Parteienfinanzierung und Selbstbereicherung
vorliegen." Prof. von Arnim hatte mit seiner Publikation "Die
Selbstbediener. Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute
machen" im Jahr 2013 die Verwandtenaffäre ins Rollen gebracht.
Zweieinhalb Jahre nach der Reform des Abgeordnetengesetzes in Bayern
zeige sich nun, dass es immer noch zu Missbrauch im Umgang mit den
Mitteln komme: "Es besteht weiterhin die Versuchung, hier zu
tricksen, weil es an einer ausreichenden Kontrolle fehlt. Es ist
deswegen höchste Zeit, dass der Rechnungshof einschreitet und eine
wirksame Kontrolle vornimmt", sagte Prof. von Arnim im Interview mit
"Report Mainz".
Eine Umfrage von "Report Mainz" unter allen Bundesländern zeigt,
dass den Abgeordneten in keinem anderen Bundesland so viel Geld zur
Verfügung steht wie in Bayern. Jeder Abgeordnete hat hier jedes Jahr
knapp 120.000 Euro für Mitarbeiter zur Verfügung, etwa doppelt so
viel wie in Baden-Württemberg. Der Umfrage zufolge ist Bayern
Spitzenreiter mit 118.600 Euro, gefolgt von Sachsen mit 63.700 Euro
und Baden-Württemberg mit 63.500 Euro. Auf den weiteren Plätzen
folgen Niedersachsen (51.100 Euro), Nordrhein-Westfalen (50.800 Euro)
und Brandenburg (48.200 Euro). Danach kommen Hessen (43.700 Euro),
Sachsen-Anhalt (42.700 Euro), Thüringen (40.000 Euro),
Rheinland-Pfalz (35.400 Euro) und Hamburg (34.300 Euro). In Bremen
und im Saarland steht den Abgeordneten kein Geld für Mitarbeiter zur
Verfügung.
Nach dem Skandal um Vetternwirtschaft im Bayerischen Landtag 2013
war das Abgeordnetengesetz reformiert worden. Landtagspräsidentin
Barbara Stamm (CSU) hatte damals erklärt, Bayern habe nun die
"bundesweit schärfsten Regeln".
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.