(ots) - Niemals zuvor verbuchte die Rote Liste mehr
gefährdete Arten: Über 23.000 Tiere und Pflanzen - und damit etwa ein
Drittel aller untersuchten Arten - gelten zum Jahreswechsel 2015/16
als bedroht. Laut WWF-Jahresbilanz war 2015 besonders für Elefanten,
Nashörner, Geier, Flughunde und Riesenfrösche kein gutes Jahr.
Wilderei, Lebensraumverlust und Umweltverschmutzung machten ihnen zu
schaffen. "Tiere und Pflanzen, sogar ganze Ökosysteme verschwinden,
dabei ist jede Art einmalig und ein Wert an sich", warnt Eberhard
Brandes, Vorstand WWF Deutschland. "Schuld für den massiven Verlust
biologischer Vielfalt weltweit sind Wilderei, Raubbau, die
Übernutzung natürlicher Ressourcen und der Klimawandel. Die
Menschheit verursacht so nicht nur das größte Artensterben seit Ende
der Dinosaurier, sondern verspielt zugleich auf Kosten nachfolgender
Generationen leichtfertig ihre Lebensgrundlage."
Doch es gibt laut WWF auch gute Nachrichten. Dank neuer
Schutzgebiete und konstanter Naturschutzmaßnahmen zählen zwei der
seltensten Säugetierarten zu den Gewinnern 2015: der Amur-Leopard und
der Iberische Luchs. Auch der Trend beim Pandabären ist positiv.
Hierzulande ist die Rückkehr der einst ausgerotteten Wölfe Erfolg und
zugleich Herausforderung. "Deutschland muss beim Artenschutz mit
gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass der Mensch nicht nur das
Problem verursacht, sondern auch die Lösung in den Händen hält", so
Brandes. Es gelte daher die Land- und Forstwirtschaft nachhaltiger
auszurichten. Schutzgebiete müssten besser geschützt und vernetzt
werden.
Von enormer Bedeutung ist laut WWF zudem der Kampf gegen den
Klimawandel, der das Potential habe zu einem "globalen Arten-Killer"
zu werden. Vor allem hoch spezialisierte Arten wie der Schneeleopard
oder auch der Eisbär leiden unter den Veränderungen ihrer Ökosysteme.
Andere Arten hingegen profitieren: Orcas dringen wegen des
ausbleibenden Meereises immer weiter in arktische Gewässer vor und
verändern das dortige empfindliche Jäger-Beute-Gefüge. Der
Klimawandel ist zudem ein Faktor, warum auch die Ostsee zunehmend
unter Quallen-Plagen leidet. Die als lästig empfundenen oder gar
gefährlichen Tiere profitieren von den Veränderungen der marinen
Ökosysteme.
Verlierer 2015
Nashörner & Elefanten: Die dramatische Wildereikrise geht weiter.
Bis November wurden allein in Südafrika rund 1000 Nashörner gewildert
und in ganz Afrika dürften zehntausende Elefanten abgeschlachtet
worden sein. Einen Hoffnungsschimmer gibt es: 2015 hat die UN eine
Resolution gegen illegalen Wildtierhandel verabschiedet. Der
richtungsweisenden Entscheidung müssen nun Taten folgen.
Afrikanische Geier: Die Zahl der afrikanischen Geier ist in den
vergangenen drei Jahrzehnten um rund 50 Prozent zurückgegangen. Laut
WWF besteht zwischen dem "Sturzflug der Geier" und der Wilderei ein
direkter Zusammenhang: Wilderer vergiften die Elefantenkadaver, um
sich der Aasfresser zu entledigen. Kreisende Geier sind für Ranger
nämlich wichtige Hinweisgeber. Die Vögel brauchen 30 Minuten um
frisch getöteten Tiere zu finden, Wilderer aber doppelt so lange, um
Stoßzähne zu entfernen.
Titicaca-Riesenfrosch: Wegen der ungefilterten Einleitung von
Abwässern kam es im südamerikanischen Titicacasee 2015 zu einem
Massensterben. Besonders betroffen ist der seltene
Titicaca-Riesenfrosch, der nur hier vorkommt und mit bis zu einem
Kilo zu den größten Froscharten der Welt zählt. Der Art droht im
schlimmsten Fall das Aussterben.
Saiga-Antilope: Ein Massensterben, wahrscheinlich durch einen
Krankheitserreger und Umweltfaktoren ausgelöst, hat 2015 in
Kasachstan innerhalb weniger Tage bis zu 85.000 Saiga-Antilopen
dahingerafft. Das entspricht einem Drittel des durch Wilderei ohnehin
stark dezimierten Bestandes und stellt einen dramatischen Rückschlag
für die internationalen Schutzbemühungen der Antilopen dar.
Asiatische Frauenschuh-Arten: Seit 2015 stehen alle 84
Frauenschuh-Arten der asiatischen Tropen als bedrohte Arten auf der
Roten Liste. Der internationale Handel mit den seltenen und begehrten
Orchideen ist verboten, doch mangels strafrechtlicher Verfolgung
blüht der illegale Schmuggel.
Maskaren-Flughunde: Auf Mauritius haben die Behörden im November
mit der Tötung von rund 18.000 seltenen Maskaren-Flughunden begonnen.
Die Regierung begründet das Vorgehen mit Schäden im Obstanbau. Der
WWF kritisiert die Maßnahme als irrational. Die Verluste gingen nur
zu geringem Teil auf Flughunde zurück. Die Tiere seien "bequeme
Sündenböcke".
Gewinner 2015
Iberischer Luchs: Laut Roter Liste steht der Iberische Luchs nicht
mehr unmittelbar vor dem Aussterben und ist "nur noch" stark bedroht.
Die Population hat sich seit 2002 auf über 300 Tiere vervielfacht.
Dies war laut WWF nur durch eine Verzahnung von Lebensraumschutz,
Aufklärungsarbeit, Wildereibekämpfung sowie Nachzucht und
Auswilderung, möglich.
Amur-Leopard: Amur-Leoparden zählen weiter zu den seltensten
Säugetieren weltweit. Ihr Bestand ist allerdings laut einer Zählung
mit WWF-Beteiligung auf etwa 70 Exemplare angestiegen. Der Großteil
der Population findet sich nahe der russischen Stadt Wladiwostok. Vor
der Ausweisung des Schutzgebietes "Leopardovy" wurden 2007 nur 35
Tiere gefunden.
Großer Panda: Der unermüdliche Einsatz für unser Wappentier durch
die chinesische Regierung und dem WWF zahlt sich offenbar aus. Die
Population der Großen Pandabären hat sich seit der Zählung 2004 um
rund 17 Prozent auf aktuell über 1860 Tiere erhöht.
Wolf: Der Wolf setzt seine Rückkehr nach Deutschland unbeirrt
fort: 32 Rudel wurden Mitte 2015 gezählt, fünf mehr als 2014. Weiter
verbessert werden muss allerdings in einigen Regionen das
Wolfs-Management der Bundesländer, damit Konflikte, etwa mit
Tierhaltern, vermieden werden.
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