(ots) - Die amerikanische Schriftstellerin und
Holocaust-Überlebende Ruth Klüger hat bei der Gedenkstunde für die
Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag viel Beifall erhalten.
Ãœbrigens auch von den Abgeordneten, denen es vermutlich lieber
gewesen wäre, die 84-Jährige hätte sich auf die unrühmliche Zeit
deutscher Verbrechen vor mehr als 70 Jahren beschränkt. Denn es ist
leichter, in den großen Chor der Beschämten einzustimmen, wenn man
mit der Schuld von damals nichts zu tun hat. Aber weil Klüger es
nicht bei der Beschreibung der Schrecken von einst beließ und den
Bogen zu deutscher Gegenwart spannte, dürfte es manchem im Hohen
Hause ungemütlich geworden sein. Denn die Frau, der es angesichts
ihres und des Schicksals von Millionen Juden nicht zu verdenken wäre,
wenn sie mit Deutschland nichts mehr am Hut haben wollte, attestierte
der Bundesrepublik den »Beifall der Welt« dank geöffneter Grenzen und
großzügiger Flüchtlingsaufnahme. Nannte dieses Land gar das
»gegensätzliche Vorbild« zum Deutschland der Nazizeit. Diese
Weltsicht allerdings, das wissen wir aus dem Koalitionsstreit um
Flüchtlingsaufnahme und Abschottung, spielt in der kleinkarierten
deutschen Diskussion keine Rolle. So wurde Klügers Lob für die
Kanzlerin und deren »heroischen« Slogan »Wir schaffen das« zur
verbalen Ohrfeige für ewig drohende Unions-Abgeordnete wie
wankelmütige Sozialdemokraten. Das, was Klüger letztlich bewog, eine
Rede in Deutschland zu halten, ist ihnen kein Wert. Sie sollten sich
schämen! Und nicht höflich klatschen.
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1715