(ots) - Am Mittwoch beschließt die Bundesregierung die
stärkste Rentenerhöhung seit 23 Jahren, um nur einen Tag später ganz
grundsätzlich über die Altersversorgung zu streiten. Die Parteien der
Großen Koalition wissen genau, dass ihre Rentenpolitik alles andere
als zukunftstauglich ist. Dass sie ihre Politik nicht ändern, hat
ganz naheliegende Gründe. Im Durchschnitt ist es keiner
Rentnergeneration in Deutschland je besser gegangen als den
gegenwärtigen Senioren. Und es wird wohl auch keinen Rentnern jemals
besser gehen als denen von heute. Dafür sorgen die Parteien, die eine
einfache Rechnung aufmachen: Wir haben etwa 63 Millionen
Wahlberechtigte, davon sind 21 Millionen mehr oder weniger zufriedene
Rentner. Und die Senioren stellen nicht nur ein Drittel des
Wahlvolks: Die Wahlbeteiligung der Über-60-Jährigen liegt bei 80
Prozent und damit gut zehn Prozentpunkte höher als die
Wahlbeteiligung insgesamt. Bis auf den Sieg der Ministerpräsidentin
Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz haben CDU und SPD bei den drei
Landtagswahlen am 13. März miserable Ergebnisse erzielt. Darauf
reagieren die großen Parteien nun mit lupenreiner Klientelpolitik -
zu Lasten der jungen Generation, die heute ein relativ hohes
Rentenniveau finanziert und morgen mit deutlich geringeren
Altersbezügen auskommen muss. Um vermeintliche Stammwähler bis zur
wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 und bis zur
noch wichtigeren Bundestagswahl im September 2017 bei Laune zu
halten, verteilen die Regierungsparteien üppige Rentengeschenke. Die
beschlossene Erhöhung der Altersbezüge sendet ein falsches Signal
ins Land, nämlich das einer rückwärtsgewandten, nicht zukunftsfähigen
Altenrepublik. Im Westen steigt die Rente zum 1. Juli um 4,25
Prozent, im Osten gar um 5,95 Prozent. Bei einer Teuerungsrate von
0,1 Prozent bleibt vom zusätzlichen Geld praktisch alles im
Portemonnaie. Es geht hier nicht darum, eine Neiddebatte zwischen
jungen Beitragszahlern und alten Beitragsnehmern zu eröffnen. Es geht
darum, von der Politik eine echte, große Rentenreform
einzufordern. Schon heute fließt ein Drittel des Bundeshaushalts in
die Rentenkassen - Tendenz steigend. Dieser Trend muss gestoppt
werden, wenn Deutschland - mangels staatlicher
Investitionsbereitschaft - seine für die Industrie so wichtige
Infrastruktur nicht weiter verkommen lassen will. Die Lösungsansätze
sind bekannt: Die Beitragsbemessungsgrenze könnte komplett fallen,
und Beamte und Selbstständige müssten Rentenbeiträge zahlen. Aber wer
möchte sich schon mit diesen Lobbygruppen anlegen? Wer heute die
Rente mit 70 fordert, hätte gestern die Rente mit 63 nicht
mitbeschließen dürfen. Wolfgang Schäuble hätte den Irrsinn
verhindern können.
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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