(ots) - Nicht immer mehr Deutsche neigen zu
rechtsextremistischen Einstellungen, aber immer mehr Deutsche mit
rechtsextremistischen Einstellungen neigen zu Gewalt oder sind
bereit, sie zu tolerieren. Die Langzeitstudie zur »enthemmten Mitte«
bestätigt, was sich besonders abstoßend in den Bildern von Pegida in
Sachsen zeigte und was in seinen Konsequenzen als höchst beunruhigend
empfunden werden muss. Es ist die wissenschaftliche Warnung, dass
etwas gründlich falsch läuft in diesem Land. Die Radikalisierung von
immer mehr Menschen - vorerst meist im Denken - ist natürlich für
sich genommen genug Grund zur Sorge. Doch damit beginnt die Gewalt
nicht. Sinkende Hemmungen gegenüber Gewalt sind auch Antwort auf eine
zunehmende Radikalisierung in den politischen Verhältnissen, die die
Menschen beobachten, von der ihr Alltag begleitet wird. Es ist eine
Adaption der Botschaft, die die Abgehängten in der Gesellschaft seit
Jahren erreicht: Erbarmen habt ihr nicht zu erwarten. Und die noch
nicht Abgehängte genauso verinnerlichen. Die Handlungsmuster, die
Erfolg in der Gesellschaft versprechen, empfehlen Egoismus statt
Empathie. Das hat sicher viele Folgen. Neben der Angst bringt es
Misstrauen und eine abstoßende Neigung hervor, noch Schwächere zu
Verantwortlichen für das eigene Unbehagen zu machen. Flüchtlinge,
Boten des Grauens, werden mit diesem identifiziert oder als Lügner
diffamiert. Kein Platz mehr für Erbarmen. Wehe, wenn zudem die
Hemmungen fallen.
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