(ots) - Als Worte sind »Einheit« und »Reinheit« fast
buchstabengleich, doch als politische Prinzipien liegen Welten
zwischen diesen beiden Vokabeln. Steht Ersteres für das, was man
neudeutsch Inklusion nennt, beschreibt das Zweite das Ergebnis von
Schrubben und Säuberungen.
Deutschlands Geschichte schlafwandelt zwischen diesen Polen: Auf
Bismarcks Einheit folgte der völkische Reinheitsdrang und brachte
Jahrzehnte der Zweiheit. Und auch die Säuberung mit Flüchen, Fäusten
und Feuer, in die die nächste Einheit mündete, war nur scheinbar
rasch verebbt. Seit bald fünf Jahren weiß man nun, dass sie derweil
zur Patrone griff - und neuerdings sind auch die Fäuste und Feuer
zurück.
Was heißt es da noch, Einheit zu feiern? Jene, die jetzt in
Dresden die Einheit am seligsten anrufen, greifen längst ins Register
der Reinheit: Patriotismuspakt für Heimatliebe und neue Leitkultur
gegen Doppelpass, Multikulti und Burka. Und diejenigen, die sich
derzeit als Weltgeist auf Erden wähnen, übertrumpfen dies locker mit
völkischer Entspanntheit gegen die Umvolkung.
Wer die Einheit wahren will, muss daher jetzt spalten. Darf sich
nicht hinziehen lassen zu dem, was angeblich die Mehrheit will. Und
muss verteidigen, was dieses Land schon immer auch ausmachte:
Vielheit - von den Multikultitruppen der sogenannten Völkerwanderung
bis zu dem staatlichen Gebilde, das so viele verschiedene Nachbarn
hat wie sonst niemand auf der Welt.
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