(ots) - Ein Häftling der Justizvollzugsanstalt Werl
(NRW) klagt vor dem Landgericht Arnsberg, weil ihm das Lesen von
Hitlers »Mein Kampf« nicht erlaubt wird. Das bestätigte
Gerichtssprecher Daniel Langesberg dem WESTFALEN-BLATT
(Montagsausgabe). Der Häftling sitzt wegen Raubes ein. Vor einigen
Wochen beantragte er, die im Januar erschienene kommentierte
Neuauflage von »Mein Kampf« kaufen zu dürfen - ein zweibändiges,
1948 Seiten starkes Werk mit 3500 wissenschaftlichen Anmerkungen,
herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte in München zum Preis
von 59 Euro. Die Haftsanstalt lehnte den Antrag des Häftlings ab. Zu
den konkreten Gründen wollte sich Anstaltsleiterin Maria Look nicht
öffentlich äußern. Man sehe aber »die Gefahr einer
Fehlinterpretation«, teilte sie dem WESTFALEN-BLATT mit. Der Häftling
wandte sich an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
Arnsberg, weil er die Entscheidung der JVA-Chefin nicht hinnehmen
möchte. Das Gericht hielt die zu klärende Frage für nicht alltäglich
und ordnete dem Häftling eine Rechtsanwältin bei. Gerichtssprecher
Daniel Langesberg: »Die Strafvollstreckungskammer hat gut zu tun.
Wann sie über den Fall entscheidet, lässt sich noch nicht absehen.«
Detlef Feige, Sprecher des nordrhein-westfälischen
Justizministeriums, sagte: »Uns sind bisher keine Fälle von
Buchablehnungen bekannt. Laut Vollzugsgesetz dürfen Gefangene Bücher
besitzen, sofern diese die Sicherheit und Ordnung oder die Erreichung
des Vollzugsziels nicht gefährden. Diese Voraussetzungen hat jede
Anstaltsleitung in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Neben der Art
des Buchs entscheidet auch die Persönlichkeit des Gefangenen darüber,
ob ihm der Besitz versagt wird. Eine einheitliche Vorgabe durch das
Ministerium verbietet sich daher.« Die Anwältin ist der Auffassung,
es gehe um eine »Weiterbildung« ihres Mandanten, die man ihm nicht
verweigern dürfe. »Schließlich hat sich Bundesbildungsministerin
Johanna Wanka sogar dafür ausgesprochen, das Buch im Schulunterricht
zu nutzen.« Die Frage, ob ihr Mandant rechtsradikalen Kreisen
nahestehe, wollte die Anwältin nicht beantworten. Die im Januar
erschienene kommentierte Ausgabe wurde bis August mehr als 80700 mal
verkauft. Amazon teilt auf seiner Seite mit, dass es den
Verkaufserlös Werks einer Organisation für NS-Opfer spende. Die
Organisation nennt Amazon aber nicht.
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Andreas Kolesch
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