(ots) - Diesen Parteitag hat der CSU-Chef ganz für
sich. Horst Seehofer allein zu Haus. Aber was nutzt das? Die
CSU ist in Unordnung geraten und mit ihr die gesamte Union. Der
bayerische Ministerpräsident trägt daran gehörigen Anteil. Immerhin:
Klassenkeile für die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende kann es dieses
Mal nicht wieder geben. Seehofer hat sich vor sich selbst geschützt:
Angela Merkel wurde erst gar nicht eingeladen. Das ist nicht nur
protokollarisch ein Tiefpunkt in den Beziehungen der
Schwesterparteien. Das persönliche Verhältnis ist ohnehin zerrüttet:
Merkel und Seehofer - daraus wird kein funktionierendes
politisches Tandem mehr. Dabei hätte es auch anders laufen können im
Streit um die Flüchtlingspolitik. Die Bayern lieferten in den
Chaoswochen Ende 2015 ein Musterbeispiel für staatliche und
zivilgesellschaftliche Leistungsfähigkeit. Die keineswegs
unbegründete Kritik der CSU am Kurs und vor allem am
Kommunikationsverhalten der Kanzlerin hatte aber selten
konstruktiven und zu oft destruktiven Charakter. Der bis heute
verbissen geführte Streit um die Vokabel »Obergrenze« beweist das
ebenso eindrucksvoll wie die dramatische sprachliche
Entgleisung, Angela Merkel führe eine »Herrschaft des Unrechts«.
Der CSU-Vorsitzende selbst hat die CDU-Mitglieder zur Solidarität mit
Merkel gezwungen - so manchen ganz sicher mit geballter
Faust in der Tasche. Seehofer hat voll auf Distanzierung gesetzt -
das Risiko der Selbstverzwergung war da von vornherein inklusive.
Eine sichtbare Trophäe aber - zum Beispiel eine Entschuldigung
der Kanzlerin - blieb aus. Nun diktiert der Kalender das Geschehen -
in Bayern wird erst nach dem Bund gewählt. Das heißt im Klartext:
Die CSU muss sich entscheiden, ob sie Angela Merkel - so sie denn
noch einmal antreten will - wieder zu unterstützen bereit wäre.
Kein Wunder, dass da jedes Bemühen um Geschlossenheit reichlich
gequält wirkt. Und das neue alte Feindbild Rot-Rot-Grün kommt fast
wie ein Ablenkungsmanöver daher. Nach wie vor könnte die CSU die AfD
wohl am glaubhaftesten bekämpfen. Seehofers bisheriges Vorgehen
aber hat sie eher gestärkt. Er hat den politischen Gegner an der
falschen Stelle ausgemacht. Gelohnt hat sich das nicht. Einer
aktuellen Meinungsumfrage zufolge würde die CSU derzeit bei einer
Landtagswahl nur 44 Prozent der Stimmen bekommen - die absolute
Mehrheit wäre dahin und die AfD mit neun Prozent sicher im Landtag
vertreten. Für die CSU ist das ein Horrorszenario. Ihr Einfluss und
ihr Auftreten in Berlin - Poltern inklusive - gründen allein auf
dem Versprechen, in Bayern zu dominieren und die Konservativen für
die Union deutschlandweit zu bedienen. Beides ist nachhaltig in
Gefahr. Die CSU hat in den nächsten zwei Jahren viel zu verlieren.
Und Horst Seehofer muss gehörig aufpassen, keinen Scherbenhaufen
zu hinterlassen.
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Andreas Kolesch
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