(ots) - Ja, sie will: Mit ihrem Bekenntnis, vier
weitere Jahre regieren zu wollen, hat Kanzlerin Angela Merkel
ihrer Partei und ganz Deutschland Gewissheit verschafft. Auch im
Ausland wird ihre Botschaft gehört. Politische Kontinuität in
Deutschland ist ein Wert, der angesichts der aktuellen
Verwerfungen in Europa und den USA nicht gering geschätzt werden
sollte. Es sagt aber auch viel aus über das Phänomen Merkel, dass
zwar kaum noch jemand eine andere Entscheidung für wahrscheinlich
hielt, der Vollzug aber geradezu wie ein Staatsakt behandelt wurde.
Darüber sollte nicht vergessen werden, dass die Kanzlerschaft in
Deutschland auch nach elfjähriger Amtszeit Merkels nicht per
TV-Interview an einem Sonntagabend vergeben wird, sondern immer noch
durch Wahlen. Und die müssen die Kanzlerin und ihre Partei erst noch
gewinnen. Würde schon am nächsten Sonntag abgestimmt, so sehen
Demoskopen die Union zwar trotz Verlusten weiterhin als
stärkste Partei, doch mit sehr eingeschränkten Machtoptionen. Das
hat in erster Linie etwas mit Merkel selbst zu tun: Ihre
Flüchtlingspolitik hat die AfD erstarken lassen, die bisher gewohnten
parlamentarischen Farbspiele gehen nicht mehr auf. Weder Schwarz-Gelb
noch Schwarz-Grün wäre derzeit rechnerisch eine Option - ebenso wenig
wie Rot-Grün oder selbst Rot-Rot-Grün auf der linken Seite.
Rechnerisch möglich, aber politisch ausgeschlossen erscheint ein
Bündnis von Union und AfD. Bleibt also doch wieder nur die Große
Koalition? Wollen Union wie SPD nicht Wahlmüdigkeit schüren und ihre
Chancen angesichts der von der AfD nachhaltig mobilisierten
Protestwählerschaft weiter schmälern, so müssen beide Parteien ihr
Profil schärfen, ohne in der ja noch regierenden Koalition in
Dauerzank zu verfallen. Klar ist schon jetzt: Merkels
Kandidaturerklärung lässt die Union mit Vorsprung in den Wahlkampf
starten. Während die CDU beim Bundesparteitag im Dezember bereits ihr
Profil schärfen kann, ringt die SPD noch um ihre Top-Personalie.
Der ursprüngliche Zeitplan der Sozialdemokraten, die K-Frage erst im
Frühjahr beantworten zu wollen, dürfte sich kaum halten lassen. Man
darf gespannt sein, wie Parteichef Sigmar Gabriel und
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ihre Rangfolge klären, ohne
zuhauf politisches Porzellan zu zerdeppern. Die Union hat diese Sorge
nun nicht mehr - jedenfalls vorerst. Im Jahr 2021, am Ende ihrer
vierten Kanzlerschaft, wäre Angela Merkel 67 Jahre alt und somit
selbst nach der Reform der Großen Koalition reif für die Rente.
Bis dahin muss der Union gelingen, was ihr in den vergangenen
Jahren versagt geblieben ist: eine Alternative zur alternativlosen
Kanzlerin zu finden.
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