(ots) - »Liebe Landsleute, lasst uns mutig sein!«, hat
Frank-Walter Steinmeier nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten
gesagt. Das ist ein guter Vorsatz - auch für ihn selbst. Er ist
Umfragen zufolge ein sehr beliebter Politiker, obwohl er an den
umstrittenen Hartz-Reformen mitgewirkt hat. Nun ist er mit satter
Dreiviertelmehrheit zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Das sind ganz
gute Voraussetzungen, um mutig Probleme anzusprechen. Zum Beispiel
dieses: In Deutschland gehen sehr viele arme Menschen nicht mehr zur
Wahl. Ein Großteil der Normalverdiener und Besserverdiener geben
dagegen ihre Stimme ab. Das ist ein gravierendes Problem, auch weil
Politiker dazu verleitet werden können, die Belange der nicht
wählenden Armen zu ignorieren. Steinmeiers linker Konkurrent bei der
Bundespräsidentenwahl Butterwegge hat auf diesen Fakt hingewiesen.
Nun ist es Steinmeiers Aufgabe, mit der Autorität eines
Staatsoberhaupts diesen Missstand zu benennen - sofern der
Sozialdemokrat den Namen seiner Partei ernst nimmt. Die gewachsene
Ungleichheit ist ein soziales Problem und die Wahlenthaltung der
Armen ein Problem für die Demokratie. Das neue Staatsoberhaupt könnte
auch noch einmal in Ruhe über die eigene Politik nachdenken und mutig
einräumen, dass die neoliberale Politik seiner Partei ein Fehler war
und ist. Das mag unwahrscheinlich sein. Andererseits sind Politiker
auch nur Menschen, und Menschen sind lernfähig.
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