(ots) - Den Menschen Mut zu machen und zu mahnen - das sind
wohl die wichtigsten Aufgaben des Bundespräsidenten. Und das hat
Frank-Walter Steinmeier in seiner ersten Rede nach der Wahl getan.
Doch die Herausforderungen für den neuen Bundespräsidenten sind enorm
und sie entziehen sich bisherigen Maßstäben. Die Welt ist aus den
Fugen geraten: der Zusammenhalt der Gesellschaft, die wachsende
Verantwortung Deutschlands in Europa und in der Welt, die
Verteidigung demokratischer Werte gerade im Inneren. All das steht
auf dem Spiel und wird symbolisiert durch den Ausstieg der Briten aus
der Europäischen Union, das rücksichtslose Agieren Donald Trumps als
US-Präsident und die Auseinandersetzung mit neueren politischen
Kräften in den Parlamenten, die den Grundkonsens in Frage stellen.
Frank-Walter Steinmeier ist ohne Zweifel ein respektabler und
erfahrenen Politiker, der sich diesen Aufgaben besonnen stellen wird.
Doch er ist ein Bundespräsident, der nur durch die Schwäche der CDU
möglich wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel vermochte es nicht,
einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin zu präsentieren.
Wie sehr das die Union schmerzt, ließ sich gestern am Wahlergebnis
ablesen. Steinmeier erhielt rund 160 Stimmen weniger als aus diesem
Lager möglich gewesen wären. Das Momentum liegt also bei der SPD. Zum
Höhenflug in den Umfragen hat allerdings nicht Sigmar Gabriels
Schachzug beigetragen, Steinmeier als Bundespräsidenten durchzusetzen
und sich selbst auf den Posten des Außenministers zu befördern. Für
den Stimmungswechsel sorgte ausschließlich die Kür von Martin Schulz
zum neuen SPD-Kanzlerkandidaten. Besonnenheit und 30 Jahre Erfahrung
als Politik-Profi werden dem Nordrhein-Westfalen Steinmeier in seinem
neuen Amt angesichts der Herausforderungen nicht reichen. Seine
Biografie als SPD-Vertreter muss in den Hintergrund treten. Sonst
gefährdet er den Zusammenhalt der demokratischen Parteien. Und für
die Nähe zu den Bürgern benötigt der gewählte Bundespräsident Abstand
vom strengen Protokoll, das ihn als Außenminister in ein Korsett
gezwängt hat. Joachim Gauck mag dafür als Vorbild dienen.
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