(ots) - Recherchen der ARD-Politikmagazine "Report Mainz"
und "Fakt" legen den Verdacht nahe, dass das Bundesamt für
Verfassungsschutz, kurz BfV, Ermittlungen gegen die
Neonazi-Organisation "Blood and Honour" ausgebremst hatte. Seit dem
Verbot der Organisation im Jahr 2000 hatte es keine zentralen
Ermittlungen vom zuständigen Generalbundesanwalt gegen
Nachfolgestrukturen gegeben.
So beschwerten sich Ermittler der Kriminalämter immer wieder, dass
ihnen nötige Informationen vom Verfassungsschutz nicht zur Verfügung
gestellt wurden - mit Verweis auf den Quellenschutz, also den Schutz
von V-Leuten. Einer dieser V-Leute war nach Recherchen von "Report
Mainz" und "Fakt" der ehemalige Deutschland-Chef von "Blood and
Honour" Stephan L. Er sollte dem Amt über Nachfolgestrukturen von
"Blood and Honour" berichten.
Nach dem Verbot von "Blood and Honour" hatte das Bundesamt für
Verfassungsschutz immer wieder in internen Stellungnahmen gegenüber
anderen Behörden behauptet, die Organisation hätte keine
überregionalen Strukturen auf Bundesebene mehr. Mehrere Ermittler
kamen jedoch zu entgegengesetzten Einschätzungen: "Blood and Honour"
werde auf Bundesebene sehr wohl fortgeführt. Dazu Martina Renner,
Sprecherin für Rechtsextremismus der Partei "Die Linke", die zu
diesem Komplex unter anderem im vergangenen
NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages zahlreiche Akten einsehen
konnte: "Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat mit seiner
Einschätzung ganz bewusst gelogen. Weil sie zu dem Zeitpunkt die
Treffberichte diverser Spitzel auf dem Tisch liegen hatten, die von
diesen Nachfolgetreffen der Führungsebenen und von den ganzen
Reorganisierungen berichtet haben. Das BfV war die ganze Zeit
informiert."
Die vorliegenden Akten zeigen auch, dass Ermittler die
Verfassungsschutzämter teils nicht mehr vorab über
Durchsuchungsmaßnahmen informierten - aus Sorge, diese könnten an
V-Männer verraten werden. In einem Vermerk des Thüringer
Landeskriminalamtes heißt es zudem, dass das Bundesamt für
Verfassungsschutz im Jahr 2005 selbst eine Durchsuchung durchgeführt
habe, was dem Amt per Gesetz verboten ist. Dabei handelte es sich um
eine Produktionsstätte für rechtsextreme Szenekleidung. Laut Vermerk
hätten die betroffenen Neonazis daraufhin die Produktion an einen
unbekannten Ort verlagert. Bei späteren Razzien des LKA stießen die
Ermittler auf wenig belastende Beweise an diesem Ort.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilt auf Anfrage lediglich
pauschal mit, dass "die Verfassungsschutzbehörden über keine
exekutiven Befugnisse verfügen und daher keine eigenen
Durchsuchungsmaßnahmen durchführen". Der Rechtsextremismus-Experte
Matthias Quent vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena
kommt zu der Einschätzung: "Offensichtlich bestand kein Interesse
daran, etwas zu ändern, also mit Mitteln des Rechtsstaates dagegen
vorzugehen. Stattdessen wurde bagatellisiert, wurde versucht auch die
eigenen Quellen zu schützen. Das sind Bestrebungen, die aus meiner
Sicht nicht rechtsstaatlich sind."
Mittlerweile gehen mehrere Behörden und Experten davon aus, dass
"Blood and Honour" sowie dessen militanter Arm "Combat 18" weiterhin
existieren. "Blood and Honour" gilt als entscheidendes Netzwerk auch
für die Unterstützung des NSU-Trios.
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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel. 06131 929
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