(ots) - Reden wir über den Abgang, beim Turnen eine
schwierige, aber der krönende Abschluss jeder Übung. Kein Wackler,
kein Standfehler, punktgenaue Landung. Ein Königreich würde die SPD
geben - für einen sauberen Abgang nach der großen Koalition. Bis auf
die Sozialdemokraten haben alle Fraktionen die gestrige Debatte im
Bundestag leichthin zur Eigenwerbung genutzt. Das Dilemma der SPD war
zu besichtigen. Erstens: Der Bundestag diskutiert, aber der
Kanzlerkandidat gehört nicht dazu. Ihm fehlt nicht nur die Bühne,
sondern - zweitens - auch ein Amt. Aus gutem Grund haben die Parteien
oft Minister oder Länderchefs als Kanzlerkandidaten aufgestellt. Wer
regiert, kann agieren, Situationen auf Augenhöhe kreieren. Drittes
Problem: Martin Schulz kann die Arbeit der Regierung nicht
schlechtmachen, ohne zugleich die SPD-Minister in ein schiefes Licht
zu rücken. Wenn sie die nächste Wahl verliert, steht die SPD
womöglich vor der Alternative, mit Merkel weiterzumachen oder mit der
Linken und AfD die Opposition zu bilden. Beide Varianten stehen für
eine unbehagliche Nähe. Von Widersprüchen sind auch die Wähler nicht
frei, weil einerseits Konsens in Deutschland einen hohen Stellenwert
hat, andererseits gerade in Zeiten der großen Koalition der Wunsch
nach "klarer Kante" wächst. Beides kann man nicht bedienen. Es sollte
der Normalzustand sein, dass eine der zwei Volksparteien die
Opposition stellt. Dann ist am ehesten zu gewährleisten, dass das
Parlament die Regierung kontrolliert. Vieles, was Parlamentspräsident
Norbert Lammert gestern kritisch angemerkt hat, stellt sich besonders
in Zeiten der große Koalition dar. Lammert hat ihn gekonnt hingelegt,
den Abgang: sauber, ohne Wackler und Standfehler, punktgenau.
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