(ots) - Utopischer Ãœberschuss
Nach der Bundestagswahl ist das Selbstbekenntnis populär geworden,
zu den 87 Prozent zu gehören, die nicht AfD gewählt haben. Die
Botschaft: Der Rechtsruck ist zwar schlimm, aber eine deutliche
Mehrheit hat ihn nicht mitgemacht. Die politische Schlussfolgerung
daraus müsste eigentlich lauten, sich weniger der medial
aufgeblasenen Angstrhetorik von der »Flüchtlingskrise« zu widmen,
sondern den Sorgen jener Menschen, die nicht zur Minderheit
»besorgter Bürger« gehören. An den Spitzen der meisten Parteien ist
stattdessen ein Wettbewerb im Rechtsblinken ausgebrochen, der einem
Angst und Bange machen muss. Schließlich war schon die Bundestagswahl
ein erneuter Beleg dafür, dass solcherlei Versuche der Nachahmung am
Ende vor allem einer Seite nützlich sind: dem rechtsradikalen
Original. Und genau so wird sich auch die rhetorische Ranschmeiße Ã
la »mehr Heimatpartei« (Grüne, SPD) oder »Deutschland muss
Deutschland bleiben« (CDU) auswirken. Statt den lärmenden Zug der
Reaktion mitzumachen, sollte die gesellschaftliche Linke jetzt mutig
und selbstbewusst in die Gegenrichtung laufen. International denkend,
einem unbedingten Universalismus der Solidarität folgend, die
Schmutzbrühe des Nationalen verlassend - das kann ein Angebot sein.
Unrealistisch? Mag sein, dass sich nicht gleich 87 Prozent begeistern
lassen. Eine Linke aber, die jetzt den utopischen Ãœberschuss links
liegen lässt, weil sie hofft, rechts ein paar Punkte zu machen, gibt
sich auf.
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