(ots) - Kaum scheint das tiefste Tal der
Wirtschaftskrise durchschritten, da hebt die Debatte um
Steuersenkungen wieder an. Erst recht, da die Steuerschätzer morgen
Mehreinnahmen in Höhe von 62 Milliarden Euro bis 2012 in Aussicht
stellen dürften. Aus Sicht der FDP sowie wirtschaftsnaher Kreise der
Union mag die Diskussion nicht nur verständlich, sondern notwendig
sein. Nicht ganz zu Unrecht wird hier ja gerade der Verzicht auf eine
echte Steuerreform als Geburtsfehler der Regierung Merkel/Westerwelle
gesehen. »Mehr Netto vom Brutto« - dieser Slogan war einfach zu
dominant im Wahlkampf gewesen, als dass man ihn ohne jedes schlechte
Gewissen vergessen dürfte. Doch bleibt wahr, was auch schon
unmittelbar nach der Wahl wahr gewesen ist. Auch jetzt gibt es keinen
Überschuss, der zu verteilen wäre. Es ist bloß »weniger zu wenig«.
Von geringeren Verlusten aber ist noch niemand reich geworden, auch
dem Staat wird dieses Kunststück nicht gelingen. Recht behalten
weiter diejenigen in der Koalition, die auch mit Blick auf die
Schuldenbremse der Haushaltskonsolidierung den Vorrang geben. Wobei
dieser Begriff bei einer Neuverschuldung von 50 Milliarden Euro immer
noch eine dreiste sprachliche Beschönigung der Misswirtschaft ist.
Wollte Schwarz-Gelb trotzdem eine nachhaltige steuerliche Entlastung
auf den Weg bringen, so käme man nicht umhin, die Ausgabenseite viel
radikaler als bisher in den Blick zu nehmen. Durchgreifender
Subventionsabbau jedoch erscheint auch diesen Regierungsparteien nur
ein Ziel zu sein, solange sie ihn predigen können, aber nicht
vornehmen müssen. Auch darin liegt eine wesentliche Enttäuschung der
eigenen Wählerschaft begründet. Zur Wahrheit gehört freilich auch,
dass wir Bürger uns nur allzu gern betrügen lassen. So sind zwar
immer alle für Subventionsabbau, doch nur die wenigsten wollen selbst
auf reduzierte Mehrwertsteuersätze, die Pendlerpauschale, billigere
Flugtickets wegen steuerbefreiten Flugbenzins und vieles mehr
verzichten. Der politische Nutzen einer Steuerreform ist keineswegs
so sicher, wie oft unterstellt wird. Und für Union und FDP ist die
Lage derzeit dermaßen bescheiden, dass selbst eine echte Wohltat zu
verpuffen drohte. Anders sieht die Sache aber bei der Verteilung der
Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen aus. Hier hatte
allen voran Finanzminister Wolfgang Schäuble wiederholt eine Reform
versprochen, um den Städten und Gemeinden wieder größere finanzielle
Spielräume zu ermöglichen. Passiert ist bisher jedoch herzlich wenig.
Dabei wäre gerade das dringend notwendig, denn nach wie vor sind die
Kommunen bei ständig steigenden Soziallasten in inakzeptabler Weise
von den naturgemäß stark schwankenden Gewerbesteuereinnahmen
abhängig. Wenn es also eine Steuerdebatte gibt, die Union und FDP mit
größerem Ehrgeiz führen sollten, dann ist es diese.
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