(ots) - Unter der Voraussetzung, dass nach dem Schweizer
Vorbild in Deutschland ergebnisoffen nach dem Standort für ein
Endlager für hochradioaktiven Müll gesucht würde, könnte es sich der
Grünen-Politiker Jürgen Trittin vorstellen, auch in einer zukünftigen
Rolle als Bundesminister eine solche Atommüll-Lagerstätte in
Deutschland offiziell zu eröffnen. In einem Video-Interview mit der
Mediengruppe Madsack sagte der Grünen-Fraktionschef im Bundestag:
"Das werden auch die beiden ersten energiepolitischen Maßnahmen einer
neuen Regierung sein. Nämlich die Rückabwicklung dieses
Laufzeitverlängerungsbeschlusses und die Verabschiedung eines
Gesetzes zu einem Standortauswahlverfahren." Und er sei sich
"ziemlich sicher, dass wir in diesem Standortauswahlverfahren nicht
mehr lange über einen Standort Gorleben reden werden, weil es nicht
der bestgeeignete Standort ist".
Trittin in Regierungsverantwortung wäre zur Inbetriebnahme einer
atomaren Lagerstätte bereit, "wenn man nach dem Verfahren vorgeht,
das zum Beispiel die Schweiz zurzeit macht: Dort werden
unterschiedliche Standorte in unterschiedlichen Wirtsgesteinen
ergebnisoffen geprüft". Dieses Verfahren habe er als
Bundesumweltminister 2005 entwickelt. Es sei dann Neuwahlen zum Opfer
gefallen. In der Schweiz komme es aber jetzt zur Anwendung.
Wer in Zukunft die Grünen wähle, könne im Übrigen "sicher sein,
dass wir ein Endlager-Auswahlgesetz auf den Weg bringen nach dem
Vorbild der Schweiz. Und er kann sicher sein, dass wir die
Laufzeitverlängerung zurücknehmen", sagte Trittin.
Skeptisch äußerte sich Trittin im Zusammenhang mit den Protesten
gegen die Castor-Transporte und gegen den Atomstrom-Kurs der
schwarz-gelben Bundesregierung zur Forderung nach einem politischen
Generalstreik als im Grundgesetz abgesicherte Protestform. "Das ist
ein bisschen die Frage, ob man Lenins Spott über die Deutschen folgen
wollte, der mal gesagt hat, selbst für die Revolution kaufen die sich
noch eine Bahnsteigkarte." Wenn man, wie in Frankreich, auf die
Straße gehen wolle, um seine Rechte einzuklagen, würde in Frankreich
nie jemand auf die Idee kommen, dass man das in der Verfassung
festschreiben soll. "Da kommt man nur als Mitglied der Partei Die
Linke in Deutschland drauf. Das ist ein sehr legalistisches
Verständnis von Revolution. Mir ist die französische Haltung lieber."
Aber angesichts der momentanen Auseinandersetzungen zeige sich, "dass
wir die Möglichkeiten zur Partizipation, zur Transparenz von
Entscheidungen erweitern müssen". Das sei kein Angriff auf die
repräsentative Demokratie, "sondern das ist eine Ergänzung und es
stiftet zusätzliche Legitimität", sagte Trittin.
Das komplette Interview als Video und im vollen Wortlaut ist zu
finden unter: http://www.madsack-im-gespraech.de
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