(ots) - Wenn Deutschlands Nachbarn wählen, verdient das
schon deswegen besondere Aufmerksamkeit, weil häufig auch das
jeweilige Nachbarschaftsverhältnis eine Rolle spielt. Dies gilt
besonders für Polen, wo oft genug mit antideutschen Ressentiments
verhältnismäßig leicht zu punkten war. Diesmal stach die nicht nur in
Sachen Deutschland schrille Polemik der Nationalkonservativen nicht;
Jaroslaw Kaczynski muss Oppositionsführer bleiben. Schon das macht
die Wahl bemerkenswert, nicht nur aus Berliner Sicht. Erstmals seit
der Epochenwende 1989 konnte eine Regierungskoalition eine
Parlamentswahl überstehen - in diesem Fall eine europa- und, ja, auch
deutschlandfreundliche. Die Wähler, wohl des steten Wechsels müde,
entschieden sich trotz aller durchaus vorhandenen Probleme für
Stabilität. Der liberale Premierminister Donald Tusk hat damit einen
Vertrauensvorschuss bekommen, den er sich weiter hart verdienen muss.
Zwar hat die konsequent europäisch ausgerichtete Politik viel
Wohlstand ins Land gebracht, aber in recht ungleicher Verteilung.
Zudem gibt es ein unübersehbar wachsendes Protestpotenzial auch bei
sonst den demokratischen Parteien zuneigenden Zielgruppen. Erfreulich
allerdings auch hier: keine Anfälligkeit für antieuropäische oder
antideutsche Stimmungsmache. Deutschland hat sich von Anbeginn für
Polens europäische Integration starkgemacht. Zu Recht, wie sich
zeigt. Das Land erweist sich nicht nur wegen seines stabilen
Wirtschaftswachstums sowie seiner entspannten Nachbarschaftspolitik
nach West wie Ost als echter Zugewinn für die Gemeinschaft, sondern
auch wegen seiner ruhigere Bahnen einschlagenden innenpolitischen
Entwicklung. Ungefährdet ist dies alles nicht; auch die gute
Nachbarschaft hüben wie drüben noch lange nicht für alle
selbstverständlich. Doch die Richtung stimmt.
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