(ots) - Die zunehmende Industrialisierung der Arktis,
ermöglicht durch Klimawandel und Rückgang des Meereises, macht den
dort heimischen Walen das Leben schwer. Etwa die Hälfte der
arktischen Verbreitungsgebiete von Grönlandwal, Beluga- und Narwalen
sind identisch mit Zonen, in denen jetzt oder in naher Zukunft Öl und
Gas gefördert werden soll. Dies geht aus einer vom WWF unterstützen
Studie hervor. Zunehmender Schiffsverkehr durch Fischerei,
Gütertransport und Arktis-Tourismus verändert ebenso wie seismische
Untersuchungen die Lebensbedingungen der Meeressäuger. "Die Welt der
arktischen Wale wird lauter und gefährlicher. Das Risiko von
tödlichen Kollisionen mit Schiffen und Verschmutzung durch
ausgetretenes Öl und andere giftige Substanzen steigt mit dem Zuwachs
menschlicher Aktivitäten", so Volker Homes, Leiter Artenschutz beim
WWF. Alle drei Walarten kommen nur in arktischen Gewässern vor und
halten sich ganzjährig hier auf - häufig in Arealen die von bis zu 90
Prozent mit Eis bedeckt sind. Der WWF fordert bei der wirtschaftliche
Erschließung der Arktis Natur- und Walschutz zu berücksichtigen.
Besonders bedrohlich ist die Industrialisierung für Narwale, die
"Einhörner der Meere", die aufgrund kleinerer Verbreitungsgebiete,
fester Wanderrouten und Nahrungsspezialisierung weniger
Ausweichmöglichkeiten haben. "Narwale sind besonders scheu und
lärmempfindlich. In einen Großteil arktischer Gewässer nimmt aber der
Unterwasserlärm zu. Manche Gebiete sind im Winter konstant beschallt,
obwohl die seismischen Untersuchungen tausend Kilometer entfernt
stattfinden", berichtet Homes. Der Lärm von bei seismischen
Untersuchungen eingesetzten "Airguns" kann sich unter Wasser bis zu
4.000 Kilometer weit verbreiten.
Das schmelzende Eis führt auch zu intensiverer Fischereiaktivität,
insbesondere auf Grönländischen Heilbutt - die wichtigste Beute der
Narwale, von der sie während der Wintermonate abhängig sind.
Fischereischiffe machen mit über 2,5 Millionen gefahrener Seemeilen
fast die Hälfte des Schiffsverkehrs in arktischen Gewässern aus,
gefolgt von Cargoschiffen. Schon an dritter Stelle stehen
Passagierschiffe u.a. durch wachsenden Arktis-Tourismus.
"Schifffahrtsrouten müssen sorgfältig geplant und unter Umständen
korrigiert werden. Teilweise können auch Geschwindigkeitsbegrenzungen
helfen, die negativen Folgen für Wale einzudämmen", so WWF Experte
Homes. Hilfreich kann hier der für 2014 geplante "Polar Code" der IMO
(International Maritime Organisation) für Schiffe in internationalen
Gewässern der Arktis werden. Besonders wichtige Habitate wie
Kinderstuben oder Nahrungsplätze sollten aber als besonders sensible
Meeresregionen (PSSA) ausgewiesen und geschützt werden. Der WWF
fordert eine strikte Reglementierung für seismische Untersuchungen
und andere Quellen von Unterwasserlärm und begleitendes Monitoring
der Walpopulationen.
Der Klimawandel erhöht einerseits die menschliche Aktivität in der
Arktis, hat zudem aber auch Einfluss auf das ökologische Gefüge:
Arten, die wegen steigender Wassertemperaturen nach Norden
einwandern, können unbekannte Parasiten und Viren einschleppen und
erhöhen die Konkurrenz um Nahrung. Bei vermehrter Zuwanderung z.B.
von Orcas, dem einzig natürlichen Feind der drei Walarten, der kaum
in Eisgebiete schwimmt, könnten die arktischen Wale selbst zur Beute
werden. Ändert sich das Timing im jahreszeitlichen Entstehen und
Zerfall des Meereises, verschiebt sich auch das Vorkommen des dort
entstehenden Phytoplaktons und der Ruderfußkrebse, einer saisonalen
Hauptnahrungsquelle der Grönlandwale. "Narwale, Belugas und
Grönlandwale sind an einen Lebensraum angepasst, dessen
Extrembedingungen seit Millionen Jahren existierten. Jetzt aber
gehört die Arktis zu den Erdteilen, die sich am schnellsten
verändern. Die Umweltauswirkungen müssen berücksichtigt werden, wenn
dieses abgelegene Ökosystem wirtschaftlich erschlossen wird", so
Artenschützer Homes.
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